US-WahlkampfDie fünf gefährlichsten Verschwörungstheorien
Im Kampf um die US-Präsidentschaft verbreiten Politiker so wilde Verschwörungstheorien wie noch nie. Ihr größter Erfinder ist Donald Trump.

Nichts stimuliert die Fantasie frustrierter Wählerschaften so mühelos wie eine süffige Verschwörungstheorie. Im amerikanischen Wahlkampf wird derzeit ohne Bandagen gefochten, weshalb solche Theorien florieren. «Noch nie haben sie die Debatte so sehr dominiert», schreibt ihr Kenner Joseph Uscinski in «Politico». «Und noch nie hatten sie das Potenzial, so viel Schaden anzurichten.»
Uscinski, ein Professor an der Universität Miami, ist Autor eines Buchs über Verschwörungstheorien. In seinem Artikel listet er ältere Theorien auf wie jene, wonach Präsident Barack Obama in Kenia geboren sein soll. Im Zentrum stehen aber aktuelle Verschwörungstheorien, die er für gefährlich hält. Die meisten stammen vom Outsider im Rennen, dem republikanischen Kandidaten Donald Trump. Aber auch die Demokraten mit Hillary Clinton werkeln in der Theorieschmiede mit:
1. Immigranten und Flüchtlinge sind Verbrecher und Terroristen
In seiner ersten Rede vor über einem Jahr suggerierte Trump, Mexiko schicke absichtlich Mörder und Vergewaltiger über die Grenze in die USA. Seither nennt er Flüchtlinge immer wieder potenzielle Terroristen und denunziert Immigranten generell als Gefahr für Amerika. Fremdenfeindliche Verschwörungstheorien könnten dafür anfällige Menschen aufhetzen, warnt Uscinski.
Risiko: Gewalt gegen Ausländer
2. Pauschalaussage: «Da geht etwas vor»
Die vieldeutige Formulierung, es gehe etwas vor, braucht Trump oft im Zusammenhang mit der Politik Obamas gegenüber Muslimen. Indem er nichts konkretisiert, lässt er der Fantasie seines Publikums freien Lauf: Vertuscht die Regierung objektive Terrorgefahren? Verheimlicht sie die Gegenwart von Terroristen? Offene Theorien seien attraktiv, sagt Uscinski, denn «je mehr Details eine Verschwörungstheorie hat, desto mehr Gründe gibt es, sie nicht zu glauben.»
Risiko: Maßenhysterie
3. Trump oder Clinton folgen fremden Interessen
Seit dem Film «The Manchurian Candidate» von 1962 lieben viele Amerikaner Theorien, wonach Politiker von Drahtziehern im Ausland ferngesteuert werden. Aktuell verbreitet sich die Auffassung, ausländische Geldgeber hätten sich mit ihren Spenden an die Clinton-Stiftung die Gunst der früheren Außenministerin erkauft. Nach dieser Theorie wäre Clinton auch als Präsidentin von fremden Interessen abhängig. Umgekehrt wirft das Clinton-Lager Trump Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin vor. Kampagnenleiter Robby Mook ging so weit, Trump eine «Puppe des Kremls» zu nennen.
Risiko: Misstrauen, Polarisierung
4. Die große rechtsgerichtete Verschwörung
Die Theorie einer diffusen, viele Kräfte umfassenden Verschwörung von politischen Gegnern verbreitete Hillary Clinton 1998 im Zusammenhang mit dem Lewinsky-Sexskandal. «Eine breite rechtsgerichtete Verschwörung konspiriert gegen meinen Ehemann, seit er seine Kandidatur zum Präsidenten ankündigte», sagte Hillary. Der Glaube, alle hätten es auf sie abgesehen, hat bei den Clintons zumindest den Ansatz eines Verfolgungswahns ausgelöst.
Risiko: Ablehnung von Verantwortlichkeit
5. Alles ist Schiebung
Den Vorwurf, das ganze Wahlverfahren sei zu Gunsten von Rivalen manipuliert, hörte man zuletzt von Donald Trump. Aber er wurde im Vorwahlkampf auch vom Sozialisten Bernie Sanders gegen Hillary Clinton erhoben. Uscinski hält es für unmöglich, dass eine so groß angelegte Schiebung unentdeckt bleiben könnte. Dennoch beeinflussen solche Theorien womöglich das Wahlverhalten.
Risiko: Zynismus und Entfremdung
(L'essentiel/sut)